Jahrgangsübergreifendes Lernen

Argumente für jahrgangsübergreifende Klassen

  •  Die Vorstellung, altersgleiche Kinder durch einen gleichschrittigen Unterricht gleichzeitig zum gleichen Ziel zu bringen, hat sich als unrealistisch erwiesen.
  • Familie und Kindheit haben sich gewandelt. Die Ein-Eltern-Familie ist häufiger vorzufinden und der Anteil der Einzelkinder wächst. Ein erheblich angestiegener Medienkonsum hat zu einer Abnahme von Primärerfahrungen im sozialen Bereich geführt. Jahrgangsübergreifende Lerngruppen bieten besonders günstige Chancen für soziales Lernen.
  • Schulanfängerinnen und Schulanfänger werden in eine bereits bestehende Kindergruppe aufgenommen mit festgelegten Ordnungen und Regeln. Diese werden ihnen von den älteren Kindern vorgelebt, anstatt von den Pädagoginnen bzw. Pädagogen vorgegeben. Dies erleichtert die Eingewöhnung in die Schule.
  • Die jüngeren Kinder lernen von den älteren, die auf Grund des geringeren Altersunterschieds oftmals besser erklären können als Erwachsene. Die Verantwortung der älteren Schülerinnen und Schüler führt zu partnerschaftlichen Umgehensweisen der Kinder miteinander.
  • Jedes Kind erfährt sich im Laufe der Jahre in unterschiedlichen Rollen, zunächst in der der Schulanfängerin bzw. des Schulanfängers, dem die Großen helfen, und wächst dann zunehmend selbst in die Rolle der beispielsweise des Großen, die beispielsweise der die Jüngeren unterstützen kann.
  • Durch die jährliche sich verschiebende Stellung des Kindes innerhalb der Gruppe und die Veränderung in der Zusammensetzung werden lang dauernde Außenseiterpositionen vermieden.
  • Behinderte Kinder lassen sich auf natürliche Weise einbeziehen, weil es ohnehin selbstverständlich ist, dass alle unterschiedlich sind.
  • In Bezug auf den Lernstoff kann in einer altersgemischten Gruppe eine Orientierung nach „unten“ oder „oben“ problemlos stattfinden. Jedes Kind findet Partner und Materialien, die seinem tatsächlichen Lernstand entsprechen.
  • Die älteren Kinder können, indem sie jüngeren Sachverhalte erklären oder beim Lernen helfen, eigene Lernfortschritte erkennen und bereits erfahrene Einsichten strukturieren und vertiefen.
  • Für lernschwache Kinder kann die Erfahrung, einem jüngeren Kind etwas erklären zu können, eine wichtige Ermutigung sein.
  • Die Lernmotivation wird durch das natürliche Nacheifern der Jüngeren nach den Leistungen der Älteren geprägt, die negativen Auswirkungen der Konkurrenz unter Gleichaltrigen treten in den Hintergrund.

Jahrgangsuebergreifendes Lernen

  • Jahrgangsübergreifende Lerngruppen bieten besonders günstige Chancen für soziales Lernen.
  • Alle Kinder erleben den Rollenwechsel vom Neuankömmling zum erfahrenen Schüler.
  • In jahrgangsübergreifenden Klassen ist Unterschiedlichkeit offensichtlich und selbstverständlich.
  • Innerhalb einer Klasse können leistungsstarke Kinder auf erhöhtem Niveau arbeiten.
  • Lernmotivation wird durch die Orientierung nach oben und altersähnliche Vorbilder gestärkt.

Weiterentwicklung der Jahrgangsmischung: Eingangs- und Pilotklassen

An der Schule Gumbrechtstraße werden Kinder von der Vorschule bis zur sechsten Klasse beschult. Mit Ausnahme der reinen Vorschulklassen lernen alle Lerngruppen jahrgangsgemischt. Derzeit gibt es zwei unterschiedliche Modelle der Jahrgangsmischung, die bis in Jahrgang 6 führen.

  • Modell 1: Ein Kind startet in einer reinen Vorschulklasse, geht mit dem Wechsel in die 1. Klasse in Stufe I (Jahrgänge 1 und 2) über, dann wechselt es in die 3. Klasse in Stufe II (Jahrgänge 3 und 4) und wechselt mit Beginn der 5. Klasse in die Stufe III (Jahrgänge 5 und 6).
  • Modell 2: Ein Kind startet als Vorschulkind in einer Eingangsklasse und wechselt zu Klasse 2 in eine sogenannte Pilotklasse. Hier werden die Kinder der Jahrgänge 2 bis 4 gemeinsam beschult. Im Anschluss zu Klasse 5 findet dann der Wechsel in die Stufe III statt, in der die 5. und 6. Jahrgänge gemeinsam beschult werden.

Beginnt ein Kind erst mit Start der 1. Klasse in der Schule Grumbrechtstraße, kommt es in der Regel in eine Stufe I-Klasse.

Die Einschulung ist für jeden Menschen ein Ereignis, dessen Inhalte zum Teil ein Leben lang in der Erinnerung der Menschen bleiben. Aus diesem Grund sind wir sehr bemüht, die Einschulung zu einem positiv belegten, persönlichen Erlebnis zu machen. In seinem Leben kann der Mensch nur einmal eingeschult werden. Das bedeutet für die Eingangsstufe, dass die Kinder eingeschult werden, wenn sie in der Schule starten. Das heißt bei den meisten Kindern der Eingangsstufe als Vorschüler/in. Wenn sie als Vorschüler/in beginnen, wird dieser Start in der Schule die Einschulung, d. h. mit großer Schultüte. Sollte ein Kind ausnahmsweise als Erstklässler*in an der Schule starten, dann wird dies die richtige Einschulung.

Die Grundlage des Unterrichts in der Eingangsstufe ist das Bildungsprogramm für Hamburger Vorschulklassen und der Hamburger Bildungsplan des Jahrgangs 1.

In der Eingangsstufe lernen Vorschulkinder und Erstklässler:innen gemeinsam. In der Regel starten die Kinder als Vorschulkind und verbleiben in der Eingangsstufe, bis sie in Klasse 2 übergehen. Das bedeutet, dass sie zwei Jahre in einer Lerngruppe verweilen. Zwei Jahre bedeutet, dass die Kinder Zeit zum Ankommen im Schulleben bekommen.

Jedes Kind ist individuell. So ist das eine Kind schüchtern und braucht viele Wochen zum Beobachten in der neuen Umgebung, andere finden sich schneller ein.

Die Kinder werden mit sehr unterschiedlichem Vorwissen und Erfahrungen eingeschult. Während die einen bereits mit fünf Jahren lesen können, verfügen andere Kinder mit sechs Jahren über geringe oder gar keine deutschen Sprachkenntnisse. Ebenso unterschiedlich können die Vorläuferfähigkeiten der Kinder sein. Sind die einen Kinder bereits geübt im Umgang mit z. B. Stift, Schere und  Kleber, sind selbstständig beim An- und Ausziehen und geübt im Umgang mit anderen Kindern, fehlt es manchen Kindern noch an gewissen Vorläuferfähigkeiten oder Erfahrungen.

Deutschsprachige Kinder verfügen zum Teil über einen eingeschränkten Wortschatz, d. h. sie haben Schwierigkeiten beim Satzbau und es fällt ihnen schwer, Erlebnisse für andere verständlich zu erzählen. Ausreichende Sprachkenntnisse und die Fähigkeit, einem Unterrichtsgespräch folgen zu können, sind unabdingbare Voraussetzungen für einen erfolgreichen Schulbesuch.

Die Eingangsstufe bietet die Chance, mit diesen Unterschieden umzugehen.

Zu Beginn in der Eingangsstufe ist ein hohes Maß an erzieherischer Arbeit erforderlich. Ein freundlicher Umgang miteinander, der gegenseitige Respekt, das Einhalten von Regeln und Grenzen muss gelernt und geübt werden. Sich hier zum Schulbeginn Zeit zu nehmen, ist Anliegen der Eingangsstufe.

In der Schuleingangsphase wird intensiv an den Vorläuferfähigkeiten gearbeitet. Zu nennen sind hier die Feinmotorik (Graphomotorik), Aufmerksamkeit und Konzentration, Merkfähigkeit, phonologische Bewusstheit, Wahrnehmung und mathematische Vorläuferfähigkeiten.

Den Kindern muss die Zeit gegeben werden, die sie für den Einstieg in das schulische Lernen brauchen. Im gleichen Maße können Kinder, die bereits in der Vorschule oder im Jahrgang 1 über die Vorläuferfähigkeiten verfügen gezielt gefördert werden, ohne sie zu überfordern

Den Bedürfnissen jedes Kindes soll entsprochen werden. Sollte ein Kind mehr als zwei Jahre benötigen, so soll ein Verbleib für ein drittes Jahr möglich sein, so dass eine gute Grundlage für das weitere schulische Lernen gelegt werden kann. Der Übergang vom Vorschulkind zum Erstklässler soll fließend gestaltet sein. Finden manche Kinder schon während des Vorschuljahres in das schulische Lernen, so beginnen andere erst zu einem späteren Zeitpunkt. Die Kinder lernen früh, dass es völlig normal ist, dass Kinder einer Lerngruppe unterschiedlichen Tätigkeiten und Inhalten nachgehen können.

Besonders geeignet ist die Eingangsstufe, um den Übergang vom lernenden Spielen zum spielenden Lernen zu gestalten und somit die Basis für das schulische Lernen zu schaffen.

Das Bestreben der fünf- und sechsjährigen Kinder, die Welt spielend zu entdecken, wird durch in den Schultag fest eingebundene Spielzeiten gefördert.

Wie geht es in Jahrgang 2 weiter…

Mit Start in der 2. Klasse wechseln die Kinder der Eingangsklassen von der Eingangsstufe in die Stufe der Piloten. In den Pilotklassen werden die Kinder der Jahrgänge 2 bis 4 gemeinsam beschult, sie verbleiben somit drei Jahre in einer Lerngruppe. Die Grundlage des Arbeitens bilden auch hier die Hamburger Bildungspläne der Jahrgänge 2-4. Wie in der Eingangsstufe ist diese Kontinuität der Lerngruppenzugehörigkeit ohne häufigen Wechsel gewünscht. Die Kinder haben auch hier Zeit, sich an die Situation des „großen Kindes“, das die Eingangsstufe verlässt, zu gewöhnen und werden in den folgenden drei Schuljahren mal die Kleinen in ihrer Lerngruppe sein, mal die Mitte bilden und ein Jahr die Großen sein. Jede dieser Positionen bietet entwicklungsbedingte Chancen.

Inhaltlich bauen die Themen und zu erwerbenden Kompetenzen auf die Arbeit der Eingangsstufe auf. Die Zusammenhänge werden komplexer und die Anforderungen an Selbstorganisation steigen.

Wie ist der Unterricht in den Jahrgängen 2-4 strukturiert?

Die Anforderungen und Herausforderungen im PILOTEN steigen nun langsam an. Die Kinder erlernen hilfreiche Strategien, stellen Zusammenhänge her und wenden erlernte Kompetenzen gezielt an. Die Wurzeln fangen an sich zu verzweigen. Je nach Themenschwerpunkt werden im Basis- und Projektunterricht die Gruppen gezielt nach Niveaustufen eingeteilt. So arbeiten beispielsweise Gruppen in einem Jahrgang zusammen an bestimmten Themenschwerpunkten.

Offener Anfang

Der „Offene Anfang“ ist eine methodische und organisatorische Öffnung des Unterrichts. Die Kinder werden dazu angeleitet, an selbstbestimmten Themen, wie Logisches Denken, Bücherei, Kreative Schreib- und Sprachanlässe, Forschendes Lernen, Montessori sowie Alltagsübungen zu arbeiten. Sie werden dazu zum selbstverantwortlichen Lernen angeleitet. Die Pädagog:innen unterstützen die Kinder zum selbständigen und selbstverantworteten Lernen.

Soziales Kompetenztraining

Das wöchentlich stattfindende „Soziale Kompetenztraining“ wird durch ausgebildete Pädagog:innen durchgeführt. Dieses Konzept ist auf ein halbes Jahr ausgerichtet. Ziele dabei sind einerseits, das Sozialverhalten zu stabilisieren und andererseits ein Bewusstsein über die Selbst- und Fremdwahrnehmung zu erlangen. Die Kinder erlernen zu Beginn sich aufeinander einzustellen, die Regeln des gemeinsamen Umgangs einzuhalten, eigene Ideen und Interessen zu vertreten sowie in Konfliktsituationen angemessen zu reagieren.

Helferkultur

Ein wesentliches Ziel der jahrgangsübergreifenden Arbeit in 2/3/4 ist es, ein Helfersystem zu etablieren. Zu Beginn des Schuljahres unterstützen die sogenannten Patenkinder, die neuen Kinder beim Kennenlernen des Lerngruppenraums, beim Anwenden der Lerngruppenrituale, der Regeln u.v.m.

Es gibt das ganze Schuljahr hinweg Lese-, Rechen- und Schreibexperten unabhängig von der Jahrgangsstufe. So führen beispielsweise Expertenkinder regelmäßig ein sogenanntes Blitzrechentraining mit anderen Kindern oder in Partnerarbeit durch. Ein Expertenkind eines Faches kann auch Hilfe erhalten entsprechend seiner individuellen Voraussetzungen.

In Lesephasen gibt es Lesepaten, in denen sie sich gegenseitig unterstützen. Dazu gehört auch, das gemeinsame Vorlesen oder die Bearbeitung von Antolin-Aufgaben. Dabei handelt es sich um ein Lernprogramm, bei dem die Kinder Fragen zu einem Buch beantworten, welches sie vorher gründlich gelesen haben. Die Kinder können Punkte sammeln und am Ende des Schuljahres erhält jedes Kind eine Urkunde.

Die PC-Experten unterstützen andere Kinder bei der sachgerechten Anwendung von Antolin und Anton.

Projektunterricht

Die inhaltlichen Themenbereiche des Projektunterrichts orientieren sich an dem Hamburger Bildungsplan und an unserem schulinternen Fachcurriculum. Darüber hinaus stimmen wir im PILOTEN die Übergänge mit der Jahrgangsstufe 1 und der Jahrgangsstufe 5 ab. Alle Themen werden nach drei Jahren wiederholt. Einzelne Bereiche werden getrennt behandelt abhängig von den individuellen Voraussetzungen der Kinder, z. B. Sexualerziehung.